Berlin, 28.07.2015

Wenn das Schwimmen zur Gefahr wird

Dr. Georg Kippels – MdB

Am 27. Juli besuchte ich das Oleanderbad in Quadrath-Ichendorf. Dort bekam ich einen interessanten Einblick in die Arbeit des Bergheimer Schwimmpool e.V., der die Bäder in der Kreisstadt betreibt. „Wir halten den Schwimmbetrieb durch ehrenamtlichen Einsatz aufrecht“, erläuterte die Vorsitzende Elisabeth Demgensky. Sie wird in ihrer täglichen Arbeit unterstützt von festangestellten Mitarbeitern, von Mini-Jobbern sowie auch von den zahlreichen ehrenamtlich tätigen Mitgliedern der DLRG.
Sie erzählten mir von einer besorgniserregenden Entwicklung besonders bei kleinen Kindern und Grundschülern. Viele Kinder, die in die fünfte Klasse kämen, könnten heute nicht mehr schwimmen, sagte Martina Buschmann, Geschäftsführerin der DLRG in Bergheim und Elsdorf sowie Lehrerin an der Gesamtschule in Quadrath-Ichendorf. „Die Situation ist schon schlimm und sie wird noch schlimmer“, lautete ihre pessimistische Einschätzung.

Die allgemeine Haushaltslage in den Kommunen und auch in der Kreisstadt Bergheim führte in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zu Schließungsentscheidungen im Hinblick auf die städtische Bäderlandschaft. Neben dem laufenden Betrieb lösen auch die grundlegenden Instandhaltungsmaßnahmen Kostenbelastungen aus, die aus den Haushalten oft nicht mehr gedeckt werden können. Hier spielt immer wieder auch die Frage des Konnexitätsprinzip, d.h. die Kostenübernahme durch Land oder Bund bei entsprechender Aufgabenzuweisung an die Kommunen, eine entscheidende Rolle. Die stv. Bürgermeisterin Elisabeth Hülsewig wies auf dieses zunehmende Problem nachdrücklich hin, zumal gerade in der Stadt Bergheim durch die Auswirkungen der Veränderungen am Strommarkt auch erhebliche Einnahmeausfälle aus der Gewerbesteuer seitens des Unternehmens RWE zu beklagen seien. Die Daseinsvorsorge leide unter der zunehmenden Aufgabenlast der Kommunen ohne finanziellen Ausgleich. Es seien hiervon nun auch schon die historischen Aufgaben, wie die Durchführung des Schulsports und die Herstellung der Schwimmfähigkeit der Kinder betroffen.

Elisabeth Hülsewig bat daher dringend darum, auch bei den jetzt anstehenden drängenden Fragen an die Gegenfinanzierung durch den Bund zu denken. Die Gestaltungsfähigkeit der Kommunen sei jetzt schon an ihre Grenzen gekommen. Dies führt dazu, dass fast jedes zweite Kind im 5. Schuljahr heute nicht mehr schwimmen kann, wie Martina Buschmann betonte. Freizeitforscher beklagen, dass ein Viertel der Grundschüler in Deutschland keinen Zugang mehr zu Schwimmbädern hat. Ihr Fazit: „Wer nicht schwimmen kann, lebt gefährlich und ist in seiner Lebensgestaltung eingeschränkt. Neben der fehlenden körperlichen Ertüchtigung unter Gesundheitsgesichtspunkten, fehlt die Schulung der Körperkoordination. Letztlich kann sich die fehlende Schwimmfähigkeit als lebensbedrohlich erweisen, weil gerade im Sommer ein oft zu sorgloser Umgang mit Gewässern stattfindet und die Gefahren, die dort lauern, massiv unterschätzt werden. Die Zahl der Opfer an unbewachten Gewässern nimmt leider wieder zu, weil die Grundkompetenz fehlt. Da hilft dann auch nicht mehr der unermüdliche Einsatz der Rettungsschwimmer und Aufsichten der DLRG an zahlreichen Wasserflächen und dem Meer.“
Bergheims stellvertretende Bürgermeisterin Elisabeth Hülsewig lobte besonders das große ehrenamtliche Engagement im gesamten Schwimmbereich. Doch auch viele Eltern, so die Beobachtung, wären nicht gerade ein Vorbild für ihre Kinder. Viele, so die DLRG-Mitglieder, kämen ins Bad und glaubten sogleich, mit dem Kauf des Eintrittstickets die Verantwortung für ihre Kleinen an das Personal abgegeben zu haben. So ist beobachtet worden, dass Eltern ihre Kinder mit Schwimmflügeln im tiefen Wasser hätten schwimmen lassen, ohne selber dabei zu sein. Ein „unverantwortliches Verhalten“, wie die DLRG-Mitglieder kritisieren. Um die Schwimmfähigkeit bei kleinen Kindern zu
verbessern, bieten der Schwimmpool und die DLRG in Bergheim Schwimmkurse an. Das Problem: Es stehen zu wenige Wasserflächen und folgend daraus zu wenig Zeit für die Kurse zur Verfügung.
„Schul- und Vereinsschwimmen müssen gesichert und wieder verbessert werden“, war das einstimmige Fazit aus Sicht der Kommune, der Lehrerschaft und der DLRG. Welchen Reiz das Schwimmen selbst und auch im Besonderen das Vereinsschwimmen unter Verantwortung der DLRG ausübt, kann ich aus eigener Erfahrung sagen, nachdem durch die Eröffnung des Monte-Mare-Bades in Bedburg die Anzahl der DLRG-Mitglieder sich im dortigen Ortsverband verdoppelt hat und das jährlich im November durchgeführte 24-Stunden-Schwimmen ein sportlicher Magnet mit überregionaler Ausstrahlung hat.

„Schwimmen und der Schwimmsport muss wieder zum festen Bestandteil in Schule und Vereinssport werden, weil es gesund und fit macht und im Urlaub am Wasser Leben retten kann“, war meine Erkenntnis, die ich aus diesem Treffen mitgenommen habe.