Berlin, 30.09.2015

Flüchtlingskrise: Beschluss eines neuen Asylgesetzes

Dr. Georg Kippels – MdB

Angesichts der globalen Flüchtlingskrise sehen wir uns einer derart großen Herausforderung gegenüber, wie es sie in unserer jüngeren Geschichte nur selten gab. Seit Monaten ist Deutschland Ziel einer Zahl von Asylbewerbern, die historisch einmalig sein dürfte und die Sicherheit vor Krieg, Verfolgung und Not suchen. Weltweit zählt man mehr als 60 Millionen Menschen, die ihre Heimat verlassen. Im Vergleich mit den meisten anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union wird Deutschland hierbei überproportional belastet.

Die enorme Hilfsbereitschaft unserer Bürgerinnen und Bürger ist beeindruckend und zugleich Ausdruck unserer inneren Stärke. Jedoch wird zunehmend offensichtlich, dass Bund, Länder vor allem aber die Kommunen, trotz des Engagements auch seitens der Zivilgesellschaft, vor immensen und immer schwerer lösbaren Aufgaben stehen. Diese Größenordnung erfordert straffe Strukturen und eine Vernetzung des behördlichen Handelns, das nun schrittweise hergestellt wird. Erst dann kann über weitergehende Integrationsmaßnahmen nachgedacht werden kann, die aber ebenso wichtig sind.
Als Entwicklungspolitiker haben wir in der Flüchtlingsdebatte immer wieder darauf aufmerksam gemacht, wie wichtig die Bekämpfung von Fluchtursachen in den Herkunftsländern ist. Aber auch hier zeigt sich, dass das Engagement einiger weniger Staaten nur wenig ausrichten kann. Umso schwieriger wird die Aufgabe, wenn die Staaten keine funktionierenden Staatssysteme aufweisen, mit denen wir Verhandlungen führen können. Erfreulich ist aber auch, dass nunmehr die Entwicklungspolitik die nötige Aufmerksamkeit in der öffentlichen Debatte erhalten hat.
Wir müssen angesichts der weiter wachsenden Herausforderungen auf globaler Ebene überzeugend und handlungsfähig bleiben. Dies erfordert vor allem entschlossene außenpolitische Ansätze und Ursachenbekämpfung. Zusätzliche Mittel sind verstärkt in strukturbildende Maßnahmen in den Hauptherkunftsländern der Flüchtlinge von Nöten. Die demonstrierte Solidarität würde den Bleibe- und Wiederaufbauwillen der Menschen in den betroffenen Gebieten stärken und die spätere Rückkehrbereitschaft der bereits Geflüchteten erhöhen.

In den vergangenen Wochen war das Thema der Flüchtlingskrise Inhalt jedes Gremiums unserer Fraktion, denn es handelt sich um eine Querschnittsaufgabe, die nur konzertiert gelöst werden kann.
Mit den Beschlüssen aus dem Koalitionsausschuss Mitte September hat die CDU/CSU ein wegweisendes Maßnahmenpaket durchgesetzt. Dies sind die härtesten Eingriffe in das Asylrecht seit 20 Jahren. An erster Stelle steht dabei eine drastische Beschleunigung des Asylverfahrens. Dazu gab es in dieser Woche den Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes der Bundesregierung, welches die Rückführung vollziehbarer Ausreisepflichtiger vereinfacht und Fehlanreize beseitigt. Noch immer kommt ein erheblicher Anteil der Asylbewerber aus den Balkanstaaten; aus Ländern, in denen weder Krieg noch politische Verfolgung herrscht. Hierzu bedarf es einer umgehenden Einstufung von Albanien, dem Kosovo und Montenegro als sichere Herkunftsländer.

Des Weiteren soll die Bargeldvergabe in Erstaufnahmeeinrichtungen so weit wie möglich durch Sachleistungen ersetzt werden. Auszahlungen von Geldleistungen dürfen längstens einen Monat im Voraus erfolgen. Die Durchsetzung bestehender Ausreisepflichten wird dahingehend erleichtert, dass der Termin der Abschiebung nicht angekündigt wird, um die Gefahr des Untertauchens zu verringern.
Angesichts der hohen Anzahl der derzeit in Deutschland Asyl- und Schutzsuchenden haben sich die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder auf massive finanzielle Entlastungen für die Kommunen geeinigt. Die Soforthilfe für Flüchtlinge wird noch in diesem Jahr um 1 Milliarde Euro aufgestockt, das wird auch dem Rhein-Erft-Kreis helfen, die kurz- und langfristigen Aufgaben zu meistern und ist ein positives Signal zur Stärkung der kommunalen Flüchtlingsarbeit.

Es kommt jetzt vor allem darauf an, die richtigen Signale zu senden. Alle Menschen, aber gerade auch unsere Bürgerinnen und Bürger, vertrauen auf unseren funktionierenden Rechtsstaat und unser Grundgesetz. Darauf können und werden wir keinen Rabatt geben. Dies ist die Basis eines gedeihlichen Zusammenlebens, die auch von den Flüchtlingen anerkannt und respektiert werden muss. Der Integrationswille der hier Ankommenden ist entscheidend. Wer Asylrecht in Deutschland in Anspruch nimmt, der habe auch Pflichten. Das Asylrecht steht nicht über den anderen Grundrechten und gleichberechtigt daneben und ist im Wechselverhältnis zu betrachten. Diejenigen, die eine gute Bleibeperspektive haben, sollen möglichst schnell in Gesellschaft und Arbeitswelt integriert werden. Die angebotenen Integrations- und Deutschkurse sind eine Verpflichtung und müssen auch angenommen werden. Es muss der Wille und das Bemühen erkennbar sein, sich in das Asylland einfügen zu wollen. Das gilt auch für die Anerkennung der allgemeinen Rechtsordnung, wie etwa des Strafgesetzbuches. Der Wunsch nach Asyl bedingt geradezu die Bereitschaft zum friedlichen Miteinander.

Wir sehen, wie groß die Aufgaben sind und welche Anstrengungen auf uns warten. Wenn wir weiterhin pragmatisch, mit gesundem Menschenverstand und Engagement handeln, werden wir diese nationale Bewährungsprobe bestehen.

Die Regierungskoalition und der Deutsche Bundestag werden alles in Ihrer Macht stehende tun, um die Aufgabe mit rechtsstaatlichen Mitteln zu bewältigen. Ebenso werden wir uns intensiv darum bemühen, dass die Aufgabe auch im europäischen Konsens gelöst wird.