Berlin, 14.12.2017

Erklärung zur Abstimmung über die „Ehe für alle“

Dr. Georg Kippels – MdB

Nachdem derzeitigen Beratungsstand muss davon ausgegangen werden, dass der Deutsche Bundestag am kommenden Freitag auf maßgebliches Betreiben der SPD-Fraktion über den Antrag zur Einführung der „Ehe für alle“ namentlich abstimmen wird.

Bei dieser Abstimmung werde ich gegen den Antrag stimmen.

Entscheidend sind für mich im Wesentlichen drei Punkte:

  1. Die Frage der Notwendigkeit der Änderung des Grundgesetzes mit Art. 6 GG ist bislang strittig, ungeklärt und in keiner Weise beratungsfähig vorbereitet. Sowohl das Innen- als auch das Justizministerium haben bis jetzt die Notwendigkeit einer solchen Grundgesetzänderung bejaht. Dieser juristische Aspekt ist für mich sehr wichtig, weil in unserem rechtstaatlichen System das Grundgesetz unser höchster Bewertungsmaßstab ist und ich eine solche Frage keinesfalls als Förmelei zurückstellen kann. Das Grundgesetz sieht für die Änderung deshalb ja auch unterschiedliche Hürden vor.
  2. Bei der Bewertung der Fragestellung kann ich im Augenblick nicht erkennen, dass nach den zahlreichen gesetzlichen Maßnahmen, die jeweils in Einzelregelungen bestehende Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Verbindungen beseitigt haben, mit diesem Antrag ein offenkundiger weiterer Diskriminierungstatbestand kurzfristig beseitigt werden müsste. Die gesellschaftliche Debatte hat bereits viele Veränderungen bewirkt. Der Begriff der Ehe ist rechtlich und geschichtlich manifestiert und damit inhaltlich besetzt. Die jetzt vorgeschlagene „Generalregelung“ ist von ihrer wirklichen Tragweite noch nicht abzusehen und bedürfte daher zur Rechtfertigung einer umfassenden Debatte.
  3. Nachdem die SPD-Fraktion vor 14 Tagen noch koalitionskonform der Absetzung des Tagesordnungspunktes zugestimmt hatte, kann ich es nur als hektisches Wahlkampfgetöse und damit grundlegenden Vertrauensbruch bewerten, wenn nunmehr die Frage Hals über Kopf entschieden werden soll. Eine solche Vorgehensweise wird der gesellschaftlichen Bedeutung dieses Themas in keiner Weise gerecht. Und wenn wir – zu Recht – von einer gewissen geleiteten Entscheidung ausgehen, so muss eine umfassende und von der Gesellschaft begleitete Debatte möglich sein. Dabei muss aber auch sichergestellt sein, dass bei der Debatte alle Positionen ebenfalls ohne persönliche Verletzungen und Diskriminierungen vorgebracht werden können.

Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlichen Partnerschaften und die Beseitigung von Diskriminierungen stehen für mich außer Frage und dafür trete ich auch ein.

Die vielen Zuschriften mit den unterschiedlichsten Positionen, die auch aus allen Altersgruppen der Bevölkerung bei mir eingehen, zeigen mir aber, dass eine geordnete und umfassende parlamentarische Debatte unbedingt geboten ist. Dies ist jedoch mit dem jetzt angestrengten Eilverfahren in keiner Weise gewährleistet. Im Gegenteil findet eine unangemessene wahlkampfstrategische Instrumentalisierung eines grundlegenden Themas durch die SPD statt.

Deshalb kommt für mich am kommenden Freitag bei dieser Ausganslage nur eine Ablehnung in Betracht.