Das Jahr der Herausforderungen – Jahresrückblick 2018
Ein Jahresrückblick ist eine lange Tradition und sicher auch eine nützliche Information, um noch einmal komprimiert die Geschehnisse der letzten 12 Monate oder 365 Tage zu beleuchten. Meist entstehen dann Momente der Begeisterung, der Rührung, der Enttäuschung, der Wut, der Verzweiflung und auch der Hoffnung. Die Vergangenheit hat dabei den großen Vorteil, daß sich die Sicht klärt und die Emotionalität der Rationalität zumindest etwas weicht. Der Rheinländer ist dabei in besonderer Weise mit Hilfsmitteln der Verarbeitung ausgestattet, was spätestens in dem Satz mündet: „ Et is noch immer jood jejange !“.
Das Fazit eines Jahres wird dann schnell in die Schublade der Geschichte abgelegt und am 1.1. wird das neue Kapitel aufgeschlagen.
Dies ist aber nicht immer so. Dies war es Anfang des Jahres 2018 nicht und so wird es auch Anfang des Jahres 2019 nicht sein, weil einige Kapitel noch nicht zu Ende geschrieben worden sind.
2018 begann mit dem zweiten Versuch einer Regierungsbildung, nachdem der erste Versuch nach der Bundestagswahl 2017 kurz vor Weihnachten mit einem Paukenschlag fehlgeschlagen war. Sogar Bundespräsident Steinmeier – noch kein Jahr im Amt – sah sich gehalten, die Parteien auf ihren verfassungsmäßigen Auftrag hinzuweisen. Der Appell war letztlich erfolgreich und es folgte eine Neuauflage der großen Koalition, einer ungeliebten Verbindung, die aber zu diesem Zeitpunkt der Staatsraison geschuldet war. Und sie war richtig und sie war wichtig.
Sie sollte aber für 2018 auch ein Symbol werden, nämlich, daß 2018 das Jahr der Kompromisse werden würde. Der hart erkämpften und zugegebenermaßen schwer zu verkraftenden, aber notwendigen Kompromisse.
2018 war leider auch kein Musterbeispiel für Einigkeit und dabei meine ich sicher nicht nur die anhaltenden Diskussionen, die die Schwesterparteien CDU und CSU miteinander geführt haben. Auch international haben die Auseinandersetzung eine neue Dimension erreicht. Handelsstreit und die Frage von Beteiligungen an militärischen Krisen, wie in Syrien oder dem Jemen, aber auch die Situation in der Ukraine stellten eine besondere Herausforderung dar. Deutschland sitzt dabei nicht auf der Tribüne, sondern kann und muss seine Rolle als Vermittler und Betroffener sichtbar wahrnehmen. Die USA drängt auch jetzt zwischen den Jahren auf die Wahrnehmung militärischer Verantwortung, was für Deutschland aus historischen Gründen eine schwere Belastungsprobe darstellt. Es muss uns aber klar sein, daß es kein „ Weit weg und deshalb für uns nicht von Bedeutung!“ mehr gibt.
Es würde aber ein ganz falsches Bild der deutschen Regierungsarbeit abgeben, wenn man das Jahr nur düster sehen würde. Auch wenn die Regierung noch kein Jahr im Amt ist, sind die Fortschritte grundlegend und bedeutungsvoll. In meinem Arbeitsbereich der Gesundheitspolitik sind die Themen der Pflege, der Kassenbeiträge, der Grundsatzdebatte zur Organspende und der Fortschritte in der Digitalisierung wichtige Bausteine, um den zahlreichen Herausforderungen unserer Gesellschaft gerecht zu werden. Es darf aber nie außer Acht gelassen werden, dass immer der Mensch eine grundlegende Rolle, die ständig neu definiert werden muss, als Anwender und auch als Betroffener inne hat.
Die Digitalisierung hat in diesem Jahr fast jeden Lebensbereich tangiert. Allerdings mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen und vor allem auch Erwartungen. Chancen oder Risiken, Selbstbestimmung oder Entmündigung. Die Wahrheit wird wohl irgendwo in der Mitte liegen, aber entscheidend ist der Umstand, daß wir nicht bei offiziellen Projekten, wie der elektronischen Gesundheitskarte und der Telemedizin, nur Risiken sehen und bei der privaten Nutzung des Mediums alle Annehmlichkeiten konsumieren und Risiken leichten Herzens verdrängen. Bewusstes Gestalten mit Kenntnissen und Kontrolle und verantwortlicher Umgang im Bewusstsein der kreativen Möglichkeiten ist die Botschaft der Stunde. Dann werden wir diesen Fortschritt auch zu schätzen wissen.
Sicher sind auch noch Themen offen. Die Diesel-Affäre, Fahrverbote in Innenstädten, die Bewältigung des Wohnungsbedarfs, die Erneuerung der Infrastruktur, die Veränderung unserer Bildungslandschaft und deren Finanzierung. Daran wurde und wird gearbeitet und es ist wenig hilfreich, immer nur zu reklamieren, das hätte man doch alles vorhersehen können. Konnte man nicht, weil keineswegs alle Einschätzungen, unter anderem auch der Gerichte, so vorherzusehen war. Und zur Ehrlichkeit gehört auch die Frage, ob wir denn auch schon viel früher unser Verbraucherverhalten geändert hätten.
Ein Thema hat mich von Beginn des Jahres stark beschäftigt und wird auch 2019 entscheidend bestimmen. Zum Jahreswechsel 2017/2018 war schon abzusehen, daß die Sog. Strukturkommission ins Leben gerufen werden soll, die sich mit dem Ausstieg aus der Braunkohle beschäftigen sollte. Aus diesem Grunde rief ich mit den Kollegen, die aus den betroffenen Revieren stammen, einen Gesprächskreis ins Leben, der die Gründung und später die Arbeit der Kommission begleiten sollte. Schon die Gründung der Kommission und die Berufung der Mitglieder lies erkennen, daß das Thema polarisieren wird und die Aufgabe eine bislang kaum bekannte Dimension in der Wirtschaftsgeschichte der Bundesrepublik haben wird. In zwei Konferenzen in Berlin im Juli und November haben wir mit zahlreichen Vertretern aus den Regionen die Herausforderungen und die Maßnahmen diskutiert und in den Prozess eingespeist.
Die Fristverlängerung Ende November für die Kommission zeigte auch, daß aller Zeitdruck nicht über der Bedeutung der Beschlüsse stehen darf.
Die Diskussion hat auch die Region bewegt. Demonstrationen der Mitarbeiter aus dem Bergbau und der Kraftwerke, Demos und gewalttätige Auseinandersetzungen um den Hambacher Forst, Sorgen um das Klima und Sorgen um persönliche Existenzen. Ideologie contra Analyse, Polemik contra Wissenschaft – das Thema wird nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung und Bedacht zu lösen sein. Respekt und Toleranz sind unverzichtbar. Für mich wird das Thema in 2019 eines der wichtigsten Arbeitsfelder sein.
Bei einem Rückblick darf auch der Wechsel an der Parteispitze der CDU nicht unerwähnt bleiben. Die Ära der Parteivorsitzenden Angela Merkel ging zu Ende und die CDU hat sicher einen historischen Aufbruch unternommen. Auch hier bedarf es nun der Geschlossenheit, weil jedem eigentlich klar sein musste, daß bei einem Wettbewerb nur ein Sieger hervorgeht. Parteiarbeit bleibt aber Teamarbeit unter einer Leitung, die das Fundament der Partei braucht. Die Wahl ist noch keinen Monat alt und schon sind wieder die ersten Beobachter ungeduldig oder enttäuscht. Unverständlich und vollkommen unangebracht. Wer in dieser Welt mit all seinen Veränderungen und der Geschwindigkeit Lösungen aus der Tasche zaubern kann, ist entweder Scharlatan oder Populist. Keinesfalls aber ein Mensch mit Verantwortungsbewusstsein.
Dieser Rückblick ist sicher nicht vollständig und abschließend. Ich wollte den Versuch unternehmen, einen Einblick in die Arbeit in Berlin und im Wahlkreis zu geben und sie aufrufen, sich an diesen Aufgaben zu beteiligen. Ebenso sollte aber vor jedem Post, jeder Mail oder jedem Gespräch überlegt werden, ob man alle Aspekte bedacht hat und ob vor allem das Gegenüber nicht mehr Respekt verdient hat.
In Sinne des Aufrufs unseres Bundespräsidenten zu mehr Diskussion will ich ihn gerne zitieren, daß „ die Fähigkeit zum Kompromiss die Stärke der Demokratie ist!“.
Lassen Sie uns deshalb diskutieren, miteinander für uns, für unser Land und für unsere Demokratie und damit für uns alle.
Guten Rutsch und ein Frohes Neues Jahr 2019
Ihr
Dr. Georg Kippels MdB
Rhein-Erft-Kreis I