Bundestag beschließt Hilfspaket im Kampf gegen Corona

In dieser Woche ging es für mich mit dem Auto nach Berlin, um die Rahmenbedingungen zur Bewältigung der Corona-Krise im Deutschen Bundestag zu beschließen. Selbstverständlich entsprach in diesen Zeiten auch die Sitzordnung im Plenarsaal den geltenden Abstandsregelungen. Trotz Wahrung des physischen Abstandes untereinander herrschte jedoch in der Sache seitens aller Fraktionen große Einigkeit darüber, dass der Corona-Krise sofort mit entsprechenden Hilfsleistungen begegnet werden muss. Allen ist bewusst, dass wir vor der größten Herausforderung, seit der Gründung der Bundesrepublik vor 71 Jahren stehen.

Die Politik hat sich diesen Aufgaben gestellt und im Rahmen der außergewöhnlichen Notsituation die Obergrenze der Schuldenbremse überschritten. Insgesamt können 156 Milliarden Euro an neuen Schulden zur Finanzierung der Hilfspakete aufgenommen werden.

Dieser Betrag entspricht fast der Hälfte des gesamten Bundeshaushalts für das Jahr 2020. Trotzdem ist uns vollkommen klar, dass es hier und heute nicht gelingen wird alle und jeden von den  gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Corona-Virus zu schützen. Die zahllosen Briefe und Mails, die mich in den vergangenen Tagen erreicht haben, beschreiben sicher Sachverhalte, die im Einzelnen ein nachvollziehbares Anliegen haben. Sie stehen aber naturgemäß in einer langen Liste der Konkurrenzen zu anderen Interessen, die für sich auch wiederum nachvollziehbar sind.

In Sinne eines immer noch gedeihlichen Miteinanders werbe und mahne ich aber auch zugleich, die Diskussion jetzt nicht massiv polarisierend zu führen.

Exemplarisch möchte ich den Kündigungsausschluss für Vermieter ansprechen, dessen Einzelheiten nachstehend noch detailliert ausgeführt sind. Für mich als langjährig praktizierender Anwalt auch im Mietrecht und auch Kleinvermieter verstehe ich sehr gut die Sorge auf beiden Seiten und weiß auch sehr gut, dass es gute und auch ganz schlechte  Mietverhältnisse gibt und damit meine ich das Verhalten von beiden Seiten. Sicher hätte ich mir eine bessere Regelung vorstellen können. Ich bin aber sehr wohl davon überzeugt, dass Vertragspartner, die Beide von dem Vertragsverhältnis profitieren auch jetzt gemeinsam an einer vernünftigen Fortsetzung arbeiten. Dies sollte jedenfalls der Auftrag sein und dies ist auch möglich! Diese Einstellung gilt im Übrigen für viele Fallgestaltungen in der Krise, die von allen Beteiligten weder zu verantworten sind, noch einfach beseitigt werden können.

Die Mittel, die wir auf den Weg gebracht haben und die enorm sind, aber wahrscheinlich leider auch nicht alles abdecken werden, greifen viele Punkte des Hilfebedarfs auf. Bei objektiver Betrachtung gibt es aber auch eine logische Reihenfolge der Bedeutung, die wir versucht haben abzubilden, die aber auch in diesem dynamischen Prozess der ständigen Nachführung bedarf. Die anhängende Aufzählung ist daher auch nur eine Momentaufnahme vom vergangenen Mittwoch und muss und wird ständig angepasst werden. Sie soll Ihnen aber auch als Anhaltspunkt dienen, um die eigene Lage auf entsprechende Hilfsmöglichkeiten hin zu überprüfen. Mir ist da bei vollkommen klar, dass sich nicht alle Lebenslage und alle betroffenen Gruppen dort wiederfinden werden. Dies bedeutet aber nicht, dass wir uns nicht mit weiteren Sachverhalten beschäftigt hätten und diesen eine Absage erteilen wollten. Es musste jetzt aber unbedingt ein Startschuss getätigt werden, der direkt vom Bundestag ausgehen sollte, damit die Bevölkerung auch die Perspektive der Hilfe bekommt und die Legitimation des Gesetzgebers erkannt werden kann. Dies war auch für unser demokratisches Staatswesen unverzichtbar. Viele weitere Schritte können nun durch die Regierung unter ständiger Beobachtung durch das Parlament unternommen werden. Es wird sicher noch eine Reihe von Paketen zu verabschieden sein, bis die Lage unter Kontrolle ist.

Sie kommen den Menschen im Gesundheitssektor, den Krankenhäusern, kleinen und großen Unternehmen, Selbstständigen und Arbeitnehmern, Familien und Verbrauchern, Mietern und Vermietern, zugute, die durch die Corona-Krise in Not geraten sind. Sicherlich dienen die Entscheidungen zunächst einmal als Startschuss, um im Bedarfsfall zügig handlungsfähig zu sein. Wir werden in den nächsten Tagen und Wochen die Situation weiterhin beobachten und an den Stellen nacharbeiten, an denen bspw. Querwirkungen bislang nicht erkennbar waren. Der Prozess wird dynamisch begleitet. Heute wissen wir: Wir können uns diese hohen Summen leisten, weil wir in der Vergangenheit gut gewirtschaftet haben. Der solide Haushalt ist die Grundlage dieses Hilfspakets.

Der Bundestag hat damit bewiesen, dass wir schnell und geschlossen handeln, wenn es die Situation erfordert. Und das tut sie. Sicher ist aber auch, dass wir noch keine verlässlichen Einschätzungen darüber haben, wie lange und in welcher Form sich die Krise noch ziehen wird. Ich bitte Sie nur, sich an die gegenwärtig geltenden Bedingungen zu halten. Je geschlossener wir zusammenhalten, umso schneller bewältigen wir diese Aufgabe. Es ist Solidarität gefordert, um diesen Kampf zu gewinnen. Es ist wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger weiterhin ihren Beitrag leisten, indem Sie auf lieb gewonnene Freiheiten verzichten und somit die Ausbreitung des Coronavirus eingrenzen. Diese Disziplin rettet Leben.

An dieser Stelle gilt mein und unser Dank den zahlreichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die sich im Alltag den Herausforderungen dieser Tage stellen und das System bundesweit am Laufen halten. Den Menschen in den Krankenhäusern, Praxen, Pflegeeinrichtungen, Feuerwehren, Lebensmittelgeschäften, der Logistik und überall da, wo die Versorgungskette nicht unterbrochen wird, sei von Herzen gedankt. Sie sind wirklich das Rückgrat unserer Gesellschaft. Diese Belastbarkeit ist keine Selbstverständlichkeit und verdient unseren höchsten Respekt. Danke.

Gesundheitswesen

Wie gut wir durch die Corona-Krise kommen hängt unmittelbar mit unserem Gesundheitssystem zusammen, welches angesichts der ausbreitenden Epidemie vor immensen Herausforderungen steht. Schon jetzt ist spürbar, wie hoch die Belastung für Kliniken, Ärzte und Pflegekräfte ist. Die Entlastung muss daher schnell  – finanziell und organisatorisch – spürbar werden.

Der Bundestag hat diesem Umstand Rechnung getragen und ein milliardenschweres Hilfspaket auf den Weg gebracht. Zudem wurde das Infektionsschutzgesetz geändert. Ebenso wird der Bund im Seuchenfall für einheitliche Bedingungen zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger sorgen können.

Im Einzelnen wurden unter anderem die folgenden speziellen Punkte zur Stärkung unserer Krankenhäuser verabschiedet:

  • Durch verschobene Aufnahmen/Operationen werden Betten rückwirkend mit einer Tagespauschale von 560€ vergütet.
  • Beteiligung des Bundes mit 50.000€ für jedes zusätzlich geschaffene Intensivbett mit Beatmungskapazität.
  • Pauschale von 50€ für Materialbedarf (Schutzausrüstung) für jeden Fall zwischen dem 1.4. und 30.6.2020.

Auch in weiteren Bereichen schaffen wir Hilfestellungen:

  • Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen dürfen bis zum 30. September Kurzzeitpflege und akutstationäre Behandlungen übernehmen.
  • Befristete Ausgleichszahlungen für Ärzte deren Fortführung der Praxis gefährdet ist.
  • Entlastung der Pflegebereiche u.a. durch weniger bürokratische Hürden und Erstattung von außerordentlichen Aufwendungen.

Informationen zu diesen und weiteren Punkten finden Sie auch unter folgendem Link:

www.bundesgesundheitsministerium.de/coronavirus

Beschäftigte, Familien, Rentner, Mietern, Verbraucher

  • Beschäftigte können Kurzarbeitergeld erhalten. Dies gilt rückwirkend zum 1.3.2020 und zunächst befristet bis zum Jahresende. Es genügt zur Anmeldung, dass nur noch mindestens 10% der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Auch Leiharbeitnehmer können zukünftig Kurzarbeitergeld beziehen. Die Bundesagentur für Arbeit erstattet die Sozialversicherungsbeiträge vollständig. Weitere Informationen: https://www.bmas.de/DE/Schwerpunkte/Informationen-Corona/informationen-corona.html
  • Die Familien werden im Zuge der Corona-Krise entlastet. Wenn beschäftigte Eltern im Zuge der Schließung von Schulen und Kitas keine zumutbare Betreuung für unter 12-jährige Kinder finden können und dadurch ein Verdienstausfall entsteht, können diese entschädigt werden. Weitere Informationen: bmfsfj.de/bmfsfj/themen/corona-pandemie
  • Hinzuverdienstgrenze: Um Rentner aus dringend benötigten Berufen in eine Beschäftigung zurückzuholen, kann bis Jahresende 44.590€ statt 6.300€ hinzuverdient werden.
  • Rentensteigung: Trotz der Krise bleibt der Bund verlässlich. Die Rente steigt zum 1. Juli um 3,45% im Westen.
  • Ortsspezifische Informationen für Eltern und Kindern, deren Schulen und Kitas geschlossen sind, finden Sie in der Regel auf den kommunalen Internetpräsenzen.
  • Mietern, die vorrübergehend in eine finanzielle Notsituation geraten sind, darf nicht gekündigt werden. Die die Zahlungspflicht der Mietschulden zwischen dem 1.4. und 30.6.2020 bleibt bestehen. Der Austausch zwischen dem Mieter und dem Vermieter sollte frühzeitig in beiderlei Interesse durchgeführt werden.

Verbrauchern, deren Darlehensverträgen, die vor dem 15.3. abgeschlossen wurden, werden Zahlungsverpflichtungen zwischen April und Juni um jeweils 3 Monate ab Fälligkeit gestundet, sofern der Lebensunterhalt durch die Corona-Situation gefährdet ist.

Unternehmen und Unternehmer

Unsere Wirtschaft treffen die Folgen des Corona-Virus schon jetzt in aller Härte. Deshalb wurden zahlreiche Maßnahmen auf den Weg gebracht:

Grundsätzlich gilt für jedes Unternehmen folgendes:

  • Kurzarbeitergeld: siehe oben
  • Zweimonatige Stundung der Sozialabgaben für März und April bei der Krankenkasse, die die Sozialversicherungsbeiträge erhebt.
  • Steuerliche Erleichterungen bis zum Jahresende.
  • Aussetzung von Stundungszinsen sowie der Einkommen-, Körperschaft-, Gewerbe- und auch der Umsatzsteuer. Ebenso die Aussetzung von Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschlägen.
  • Arbeitszeiten können flexibler gestaltet werden.
  • Das Insolvenzrecht wurde so angepasst, dass die Fortführung von Unternehmen, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, erleichtert wurde. Die Insolvenzantragspflicht und Zahlungsverbote sind bis Ende September ausgesetzt. Voraussetzung ist die Aussicht auf Sanierung.
  • Unternehmen, die keine Miete oder Pacht für die Gewerbefläche zwischen April und Juni zahlen können, droht keine Kündigung der Verträge. Dies gilt nur, wenn die Schieflage durch die Corona-Krise entstanden ist.
  • Durch virtuelle Versammlungen und elektronische Beschlussfassungen bleiben Unternehmen handlungsfähig.

 

Selbstständige, Freiberufler und Kleinunternehmer:

  • Unbürokratische Soforthilfen: 50 Mrd. € dienen zur Sicherstellung der Liquidität. Je nach Betriebsgröße erfolgt eine Einmalzahlung für drei Monate, je nach Betriebsgröße (bis zu 5 Beschäftigte: 9.000€; bis zu 10 Beschäftigte: 15.000€). Die Förderrichtlinien werden in diesen Tagen erarbeitet.
  • Erleichterter Zugang zur sozialen Sicherung. Die Vermögensprüfung wird dabei beispielsweise deutlich erleichtert.
  • Kleinunternehmen, die ihre vertraglich geschuldeten Leistungen aus Dauerschuldverhältnissen nicht erbringen, wird bis Ende Juni Aufschub gewährt.

 

Unternehmen (mehr als 10 Beschäftigte)

 

Start-Ups

  • Die Start-Ups profitieren zunächst von der Soforthilfe des Bundes für Kleinunternehmen. Größeren Unternehmen stehen die KfW-Programme zur Verfügung. Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds dient Start-Ups die seit Januar 2017 mit mindestens einer abgeschlossenen Finanzierungsrunde privater Kapitalgeber mit einem Unternehmenswert von mindestens 50 Mio. € bewertet wurden.
  • Weitere Informationen für Unternehmer und Selbstständige finden Sie auch unter den folgenden Links des Wirtschafts- sowie des Finanzministeriums:

 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/coronavirus.html

https://www.bundesfinanzministerium.de/Web/DE/Themen/Schlaglichter/Corona/corona.html

 

Landwirtschaft: Landwirte, Beschäftigte, Studenten

Die Landwirtschaft sucht bundesweit aktuell 300.000 Erntehelfer. Um den Ausfall von Erntehelfern aus dem Ausland zu kompensieren wurden folgende Maßnahmen getroffen:

  • Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes: Unternehmen können so ihre Arbeitnehmer den landwirtschaftlichen Betrieben überlassen.
  • Beschäftigte in Kurzarbeit können in der Landwirtschaft etwas hinzuverdienen.
  • Studenten, die in der Landwirtschaft helfen, wird das Bafög nicht gekürzt.

Weitere Informationen: www.daslandhilft.de sowie https://www.bmel.de/DE/Ministerium/_Texte/corona-virus-faq-fragen-antworten.html

Urlauber im Ausland

Touristen, die im Ausland gestrandet sind, wird eine Rückkehr ermöglicht. Hierfür werden 50 Millionen € bereitgestellt.

Weitere Informationen finden Sie hier:

https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/covid-19/2296762