Mit dem Positionspapier „Revier der Zukunft“ bezieht der Kreisvorstand der CDU Rhein-Erft klar Stellung zur Zukunft und dem Strukturwandel des Rheinsichen Reviers. Das Positionspapier und die Kurzfassung/Kernaussagen wurde nach intensiver Diskussion am Donnerstag, den 4. Oktober 2018 einstimmig im Kreisvorstand beschlossen.

Präambel

Der Rhein-Erft-Kreis ist eine der Herzkammern des Rheinischen Reviers und seit Jahrzehnten Garant einer zuverlässigen Energieversorgung für Nordrhein-Westfalen und die Bundesrepublik Deutschland. Die Braunkohlewirtschaft hat die Region nachhaltig geprägt und ist zu einem wichtigen Standortfaktor für die Ansiedlung von (energieintensiven) Industriebetrieben geworden.

Doch so sehr die Großtagebaue und Kraftwerksstandorte sowie die mit ihnen verbundenen mittelständischen Unternehmen heute unsere Wirtschaft prägen, so wichtig die Braunkohle auch sein mag, die Verbrennung von Braunkohle zur Stromerzeugung stellt keine Zukunftstechnologie mehr dar, sie ist im Bereich der Energiewirtschaft eine Auslauftechnik. Spätestens Mitte der 2040er Jahre wird die Kohleförderung beendet sein.

Mit Blick auf die massiven Transformationsprozesse beschäftigt sich die CDU im Rhein-Erft-Kreis schon seit vielen Jahren mit der Frage, wie Beschäftigung und Wohlstand auch in Zukunft sichergestellt werden können. Mit der Einsetzung der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ durch die Bundesregierung wird sich der Strukturwandelprozess vermutlich beschleunigen. Diesen Herausforderungen müssen und wollen wir uns stellen, um die einmaligen Chancen zur Weiterentwicklung der Region zu nutzen. Wir haben klare Vorstellungen von einem starken Revier der Zukunft. Um diese Vorstellungen Realität werden zu lassen, formulieren wir klare Erwartungen an Bund und Land, wie das Revier auf seinem Weg unterstützt werden muss.

Das Revier der Gegenwart

Die Braunkohle hat nach wie vor eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung. Im Rheinischen Revier leben rund 2,2 Mio. Einwohner auf einer Fläche von ca. 4.800 km². Das derzeit genehmigte Abbaufeld der Braunkohletagebaue hat eine Ausdehnung von insgesamt 240 km², was mehr als der Fläche der Stadt Düsseldorf entspricht. Damit sind rund 5 % der Gesamtfläche des Rheinischen Reviers durch den Braunkohlebergbau beansprucht. Die physischen Umwälzungen haben eine Dimension, die in Europa einmalig ist.

Die hiesigen Kraftwerke produzieren 10.111 Megawatt Strom im Jahr. Bezogen auf den bundesweiten Braunkohleabbau von etwa 172 Mio. Tonnen im Jahr 2016 entspricht die NRW-Produktion einem Anteil von etwa 50 Prozent.

Der Braunkohlesektor im Rheinischen Revier beschäftigt rund 10.000 Menschen, diese wiederum haben ein Bruttojahresverdienst von ca. 700 Mio. Euro. Weitere 800 Mio. Euro vergibt RWE jährlich an Auftragsvolumen in der Region an ca. 3.400 Betriebe. Im Rheinischen Revier sind zudem 6.000 energieintensive Unternehmen angesiedelt, wovon 90 von der EEG-Umlage befreit sind.

Wir sind wie kaum eine andere Region abhängig von einer bezahlbaren und zuverlässigen Energieversorgung. Die hier geförderte Braunkohle ist bisher ein Garant dafür. Der bei uns produzierte Strom deckt knapp 11,5 % des gesamten deutschen Strombedarfs und sogar 40 % des in NRW benötigten Stroms.

Die nationale Energiepolitik und die von der Kommission zu treffenden Empfehlungen haben daher auch erhebliche Auswirkungen weit über den Energiesektor im engeren Sinne hinaus. Von einem vorzeitigen Kohleausstieg wäre der Rhein-Erft-Kreis besonders betroffen. Deswegen kann es ohne verlässlichen Strukturwandel-Fahrplan und ohne verbindliche Unterstützung für das Rheinische Revier kein vorgezogenes Beendigungsdatum für die Kohleverstromung geben!

Das Revier der Zukunft

Trotz riesiger Herausforderungen hat das Rheinische Revier gute Chancen, den Strukturwandel zu bewältigen. Dabei profitiert die Region von der zentralen Lage in unmittelbarer Nachbarschaft zu mehreren Oberzentren, dem vorhandenen Fachkräftepotenzial sowie der herausragenden Hochschul- und Forschungsinfrastruktur.
Unser Ziel ist es, die ansässigen energieintensiven Unternehmen zu halten bzw. deren Weiterentwicklung zu ermöglichen. Hierzu ist das Goldene Zieldreieck aus Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit einzuhalten. Ausreichend Arbeits- und Ausbildungsplätze müssen erhalten bleiben, um den sozialen Frieden in unserer Region weiterhin sicher zu stellen.

Das Revier der Zukunft muss die eigenen Kompetenzen noch gezielter stärken und in die Innovationsfähigkeit investieren. Die Energiewirtschaft, energieintensive Industrien, sowie die Bereiche Ressourceneffizienz, Logistik, Mobilität und die alternative stoffliche Nutzung der Braunkohle werden dabei die wirtschaftlichen Schwerpunkte bilden.
Darüber hinaus sind die Restlöcher der Tagebaue und zukünftigen Seen grundsätzlich dazu geeignet, signifikante Impulse in der Freizeitwirtschaft zu setzen. Gleichzeitig verursacht die gigantische landschaftliche Umgestaltung des Reviers aber auch unfassbare Infrastrukturaufwendungen, deren Finanzierung ein außergewöhnlicher Kraftakt darstellt.

Um den Transformationsprozess ohne Brüche vollziehen zu können, bedarf es einer langfristigen Strukturförderung durch Bund und Land. Dies ist zwingend notwendig und auch äußerst sinnvoll, da Fördergelder aufgrund der vorhandenen Potenziale besonders effektiv eingesetzt werden können.

Damit die Fördergelder dort ankommen, wo sie gebraucht werden, wird die Mittelhoheit bei den Revieren liegen müssen, die über die Ausgestaltung des Strukturwandels am besten entscheiden können.

Im Revier der Zukunft muss erstmalig ein beschleunigtes Planungsrecht zum Einsatz kommen, das Ansiedlungen und die Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen vereinfacht. Gleichzeitig sind den vom Strukturwandel betroffenen Kommunen überproportionale Flächenausweisungen für Wohnen, Gewerbe und Industrie zu ermöglichen.

Bevor weitere strukturwirksame Projektideen realisiert werden, wird das Rheinische Revier ein regional abgestimmtes Strukturprogramm erarbeiten. Dieser integrierte Entwicklungsansatz ist dann die gemeinsame Grundlage für einen dynamischen Qualifizierungs- und Entwicklungsprozess über einen langen Zeitraum.

Einige zum Teil schon vorliegende Projektideen werden anschließend den Weg zum Revier der Zukunft prägen und die Grundlagen schaffen, dass wir weiterhin herausragender Wirtschaftsstandort sein werden. Mit der „i.E.S.i. Factory“ als regionalem Kompetenzzentrum rund um sicher vernetzte Energiesysteme, der Neugründung der TH Köln auf dem Campus Rhein-Erft in Erftstadt, der Klimahülle :terra nova als interkommunaler, klimaoptimierter Wissenschafts- und Gewerbepark und diversen Infrastrukturprojekten gibt es bereits heute zahlreiche und vielversprechende Ansätze, die den festen Willen des Rhein-Erft-Kreises unterstreichen, die Zukunft aktiv und nachhaltig mitzugestalten.

Unsere Forderungen

Daher fordern wir als CDU Rhein-Erft, dass die Bundesregierung einen ausreichenden Fördertopf zur Verfügung stellt. Dieser soll sich nach den tatsächlichen Bedarfen richten, denn die bisher kolportierten Summen können nicht ausreichend sein.

Die NRW-Landesregierung muss, z. B. mit einem Umsetzungsgesetz Rheinisches-Revier dafür Sorge tragen, dass Planungsrecht und Genehmigungsverfahren für neue Gewerbe- und Industrieflächen vereinfacht und beschleunigt werden. Die Grundlagen und Grundannahmen der Braunkohleplanung sind dabei zu überprüfen.
Die Eigenverantwortlichkeit der Kreise und Kommunen im Revier muss gestärkt werden. Hier wird es von großer Bedeutung sein, die Kommunen sehr eng in die Entscheidungsprozesse einzubinden, da diese im Prozess die entscheidende Umsetzungsrolle spielen. Die Sonderstellung in der Neuausrichtung des Landesentwicklungsplanes wird eine wichtige Rolle spielen. Vor allem die Zugriffsmöglichkeit auf vorhandene Flächen, um Gewerbe und Industrie anzusiedeln, sind Grundlage für einen erfolgreichen Strukturwandel.

Zudem muss die Infrastruktur, bestehend aus Stromnetzen, Verkehrswegen, Breitbandanschlüssen und insbesondere dem Glasfaser-Ausbau bis zum Hausanschluss schnellstmöglich ausgebaut werden, eine Aufgabe, die nicht von den Kommunen finanziert werden kann. Ohne die Förderung des Bundes kann der Strukturwandel nicht gelingen.

Der Strukturwandel ist erst dann abgeschlossen, wenn die Arbeitsplätze und die Wertschöpfung des alten Reviers im Revier der Zukunft quantitativ und vor allem qualitativ eins zu eins ersetzt sind.

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